Mysterienkulte um importierte Götter: Isis und Mithras

Der Kult des Isis

Die traditionelle Göttervorstellung (Jupiter und Co.) blieb lange als Staatsreligion vorherrschend. Doch mit der Zeit schlichen sich neue religiöse Strömungen in das römische Reich ein. Durch Kontakt mit anderen Völkern- sei es durch Kriege oder nur durch Handelsbeziehungen- kam man auch mit deren Religionen in Berührung. Ebenso trugen auch die "Lücken" der römischen Religion dazu bei, dass sich zu Jupiter, Merkur und Hera auch andere Gottheiten gesellten: Der Hades, die düstere Unterwelt, in der die Verstorbenen "leben" müssen, machte den Menschen nicht allzu viel Mut auf ein Leben nach dem Tod. Vielmehr sehnten sich besonders die Soldaten im Krieg, die Sklaven und die Armen nach einem Leben nach dem Tod, in dem sie für ihr auf Erden erdultetes schweres Schicksal entlohnt wurden. Eine Paradiesvorstellung gab es aber in der traditionellen Religion nicht. Man nahm also langsam von der Olympvorstellung Abstand und suchte nach neuen Göttern, die vielversprechendere Aussichten boten.
Und die Leute wurden fündig. Um viele Götter bildeten sich sog. Mysterienkulte, die nur Eingeweihten zugänglich waren. Für die Außenwelt wirkten diese Kulte zunächst reichlich abschreckend, aber bald auch anziehend. Der Dionysos-Kult ist z.B. dem römischen Gott Bacchus gewidmet. Die Zeremonien arteten sehr schnell in wüste Sauf- und Fressorgien aus. Man versuchte einfach, seine weltlichen Sorgen so gut wie möglich zu vergessen.
Dementsprechend erfreute sich dieser Kult bald bei den unterdrückten Schichten großer Beliebtheit. Umso schneller schritt aber auch der Senat gegen den schnell anwachsenden Kult ein, denn er gefährdete die traditionelle Staatsreligion, in der Jupiter ganz oben in der Hierarchieliste stand. Schon im 2. Jhdt. v. Chr. mussten die Zeremonien von der Regierung stark eingeschränkt werden, der Dyonisos-Kult konnte sich aber noch lange halten. In Pompeji wird dies durch Bilder etc. bestärkt.

Doch auch um ausländische Götter bildeten sich schnell Mysterienkulte. Zeitgleich mit dem Dionysos-Kult entstand der Isis-Kult. Er stammte aus Ägypten und wurde durch die regen Handelsbeziehungen zwischen Rom und dem beschaulichen Land am Nil importiert. Allerdings wurde die Isisgestalt schnell "romanisiert", weil man sich mit ihrer ägyptischen Erscheinung nicht identifizieren konnte. Man verpasste der Dame deshalb auch schnell eine keusche Tunika, ließ die typisch ägyptischen "Kuhhörner" weg und gestaltete ihren Sohn Horus (der Knilch auf ihrem Schoß) ein bisschen molliger.



 

 

 

 

 

 

Die ägyptische Isis im Original und das Roman Remake...

1. Isis' Geschichte

Der Isis wurde keine bestimmte Funktion zugewiesen. Sie entwickelte sich schnell zur panthea und war als einflussreiche Göttin für ihre Anhänger besonders interessant. Hatte jeder der römischen Götter noch eine bestimmte Aufgabe, vereinte Isis gleich mehrere Einflussbereiche in sich: Sie war Göttin der Sonne, des Mondes, der Fruchtbarkeit, der Toten, der mütterlichen Liebe, der Armen und des Meeres. Sie übernahm sogar die Aufgabe der Gesetzgeberin und der Rachegöttin. Die Mythologie beschreibt Isis als äußerst selbstbewusste Frau:
Sie ist mit ihrem Bruder Osiris verheiratet (nicht erschrecken! Geschwisterheirat war in Ägypten so üblich wie heute ein Backstreet Boys-Poster im Zimmer eines weiblichen Teenagers. Die Pharaonen waren grundsätzlich mit ihren Geschwistern verheiratet), ihr Sohn ist wie schon gesagt der kleine Horus (oben auf beiden Bildern zu sehen). Doch das Familienglück hält nicht lange. Set-Typhon tötet Osiris, Isis kann aber ihren Mann und Bruder wiederbeleben. Da in mythologischen Stories aber immer das Gute siegt, kriegt Set-Typhon ordentlich was auf die Finger: Horus meuchelt seinen Vatermörder.

2. Der Kult

Die Lehre des Isiskultes traf genau die Nöte der Menschen. Sie vertröstete die sozial Unterdrückten mit einer Paradiesvorstellung nach dem Tod. Wer noch dazu im Leben auf Verzicht beharrt, den belohnt Isis mit ewigem Schutz. Der Kult selber ragte vor allem durch seine gleichgeschlechtliche Stellung heraus. Ist auch kein Wunder, immerhin ist Isis selber auch eine Frau, noch dazu eine verdammt attraktive. Die Anhänger des Kultes waren durch ihre modischen kahlgeschorenen Köpfe und Roben erkennbar. Innerhalb des Kultes herrschte eine Strenge Hierarchie, in der man durch entsprechende Rituale aufsteigen konnte. Während der Zeremonien, die manchmal sogar täglich abgehalten wurden, bedienten sich diese Herren und Damen seltsamer Handlungen und verunsicherten die uneingeweihte Plebs, die noch auf Jupiter und Co. schwor, mit mythischen Symbolen und dem unheilvollen Klang des Sistrums. Feste, die der Isis geweiht waren, gab es reichlich. Neben dem Osiris-Fest, dem Sacrum Phariae und der Sarapia sei Isidis navigium hervorgehoben, in dem man ein beladenes Schiff auf das Meer hinausschickte, um Isis für die Wiederbeschiffung (ihr wisst, was ich meine) des Meeres nach dem Winter zu danken. Da der Kult per Schiff importiert worden war, fand man erste Spuren davon vor allem in den Hafenstädten. Wer einmal nach Ostia kommt, kann mit etwas Glück einen der kleinen Isistempel ausfindig machen. Da steht aber jetzt mittlerweile eine Schubkarre und allerhand Bauschutt drin (wie blasphemisch, diese Bauarbeiter...).

3. Der Kult in Rom

Ebenso wie beim Bacchus-Kult stoßen auch Isis und ihre Anhänger bald auf den Widerstand des Senates. Öffentliche Prozessionen wurden hier nicht nur eingeschränkt (mehr ging beim Bacchus-Kult ja auch nicht. Immerhin war Bacchus einer von den traditionellen Göttern. Was dem Senat nicht gefiel, war, dass man hier nicht mehr Jupiter, sondern den Gott des Weines als den höchsten ansah), sondern gleich verboten. Als man sich daran nicht hielt, wurden die Kultstätten vom Senat abgerissen. Allerdings war die Anhängerschaft mitlerweile so groß geworden, dass sie die Stätten einfach wieder aufrichtete, was die Regierung wieder zum Abreißen nötigte. 28 v. Chr. wurde das Aufstellen von Isis-Kultstätten innerhalb des Pomeriums verboten. Als es ein paar Jahre später zu gewaltigen Ausschweifungen während einer Zeremonie kommt, wird die Ausschließungsgrenze über die Bannmeile erweitert. Nach diesem Höhepunkt wird der Kult etwas gemäßigter. Er fällt immer weniger auf. 71 n. Chr. wird der erste staatliche Isistempel auf dem Marsfeld errichtet, um der jetzt gewaltig gewachsenen Anhängerschaft entgegenzukommen. Die extrapomerische Grenze bleibt allerdings bis Caraculla (jaja, das ist der Kerl mit den Thermen) bestehen. Ihre Aufhebung bedeutete eine Gleichstellung mit der römischen Staatsreligion. Die Feste durften wieder öffentlich gefeiert werden und man errichtete auch weitere Tempel. Mehr über Isis steht im goldenen Esel von Apuleius (man kennt sein Werk auch unter metamorphoses), dem ersten vollständig erhaltenen antiken Roman.

Der Kult des Mithras

1. Mithras' Geschichte


Der Mythos um den indo-iranischen Gott Mithras ist bis heute noch nicht 100%ig geklärt. Eigentlich verwunderlich, immerhin war der Mithraskult einer der wichtigsten Kulte der heidnischen Welt. Doch hat man sich einiges aus Fresken und Wandbildern erschließen können. Mithras ist anscheinend nachts in einer Höhle aus einem Fels entstanden. In seiner Jugend hat er einige Abenteuer zu bestehen, die er stets erfolgreich meistert. Das bedeutenste Abenteuer ist die Tötung des Urstiers, aus dessen Blut und Fleisch die gesamte Welt entsteht. Ähnlich wie Isis hat auch Mithras einen Widersacher, nämlich den Gott der Finsternis, der Schlange und Skorpion (auch auf dem Bild) auf die Erde schickt, um das Schöpfungswerk zu zerstören.


 

 

 

2. Der Kult

Im Gegensatz zum Isiskult wurden die Zeremonien für Mithras nicht öffentlich, sondern in unterirdischen spelaeae abgehalten. Man betete den indo-iranischen Gott um Schutz im Leben an. Wer sich an Mithras´ Lehren hielt, den holte die Gottheit am Ende der Zeit ins ewige Licht. Der Kult fühlte sich stark zu den Gestirnen hingezogen. Entsprechend den Planetensphären gab es auch Ränge, die allesamt sehr eigenartige Namen trugen: Es gab den Raben, den Geheimen, den Streiter, den Löwen, die Persa, die Sonnenläufer und schließlich die Väter. In dieser Hierarchie kann man auch durch entsprechende Rituale aufsteigen, wobei ein hoher Rang auch einen hohen Rang der Läuterung darstellt. Am Ende der Hierarchie liegt das ewige Licht.
Verblüffend an dem Kult sind die Ähnlichkeiten zum Christentum. Denn Mithras entstand ausgerechnet am 25. Dezember aus einem Felsen. Der Mithraskult hatte auch uns ähnliche Zeremonien: Es gab u.a. sowohl die Taufe als auch die Kommunion. Hätte der Kult sich nicht so im Verborgenen gehalten, hätten wir wohl heute zumindest teilweise Elemente des mithräischen Gedankengutes in unserer heutigen Religion. So hat es sich der Kult zwar etwas verschissen, weil er sich so abgesetzt hat, immerhin gab es aber deshalb nie Ärger mit dem Staat, weil ihre Zeremonien niemals öffentlich waren.


3. Der Kult in Rom

Anders als Isis, kamen Mithras und seine Lehre nicht auf Handelswegen nach Rom, sondern durch Kriege mit dem Morgenland, z.B. Truppen in Armenien unter Vespasian. Er entwickelte sich um einiges später als der Kult von Isis und Bacchus. Ausbreitung erfährt er bereits unter den flavischen Kaisern. Im Laufe des 1. Jhdt. n. Chr. wird der Kult einer der wichtigsten der nicht-christlichen Welt. Allein in Ostia hat man knapp 19 verschiedene Mithräen gefunden. 307 n. Chr. wird Mithras von Diokletian sogar zum fautor sui imperii ernannt. Die Gestalt des tapferen Mithras war besonders bei den Soldaten beliebt. Seltsamerweise ebbt die Popularität des Kultes radikal ab. Anfang des 4. Jhdt. n. Chr. setzt sich das Christentum immer mehr durch, Mithras wird immer unbedeutender.
Somit verebbt das Interesse an dem sonst so populär gewesenen Kult