Ciceros "De finibus bonorum et malorum"

Epikurs Vita beata(de fin. 1.62f.)

Von Epikurs wird der glückliche Philosoph immer so vorgestellt: er hat endliche Begierden, vernachlässigt den Tod, glaubt über die unsterblichen Götter die Wahrheit ohne jede Furcht und zweifelt nicht, aus dem Leben zu scheiden, wenn dies so besser ist. Von solchen Sachen unterrichtet befindet er sich immer in einem Zustand von Vergüngen. Denn es gibt keine Zeit, zu der er nicht mehr an Vergnügungen hat als an Schmerzen. Denn er erinnert sich dankbar an die Vergangenheit und bemächtigt sich der Gegenwart nur so, dass er bemerkt, wie groß und angenehm alles ist, er hängt nicht an der Zukunft, sondern erwartet jene (die Zukunft), genießt die Gegenwart und hält sich von den Lastern, die ich vorher zusammengetragen habe, besonders weit fern und wird, wenn er das Leben der Dummen mit seinem eigenen vergleicht, mit großer Freude versehen. Wenn aber irgendwelche Schmerzen auftreten, haben sie niemals soviel Kraft, dass der Weise nicht mehr hat, was ihn erfreut, als was ihn ärgert.

Epikur aber hat ganz ausgezeichnet gesagt, dass einem Weisen das Schicksal nur klein dazwischen komme, und die größten Dinge und gewichtigsten Dinge von ihm durch seinen eigenen Plan und Vernunft verwaltet werden und kein größeres Vergnügen aus einem unbegrenzten Zeitraum erfahren werden könnte, als wir aus dem erfahren, von dem wir sehen, dass er begrenzt ist. In eurer Dialektik aber meinte er, dass es keinen Wege gebe, der dazu führe, besser zu leben oder angenehmer zu erörtern. Auf die Physik legte er den meisten Wert. In diesem Wissen kann die Kraft der worte und das Wesen der Rede und die Vernunft derer, die ihr folgen und die sie zurückweisen erkannt werden. Nachdem aber das Wesen aller Dinge erkannt worden ist, werden wir vom Aberglauben erleichtert, von Todesfurcht befreit, von der Unkenntnis der Dinge nicht verwirrt, aus der selbst oft furchtbare Schrecken entstehen. Darauf werden wir auch uns besser aufhalten, weil wir gelernt haben, was die Natur wünscht. Dann aber, wenn wir eine beständige Kenntnis der Dinge haben, werden wir uns, nachdem wir jenes bewahrt haben, was als Richtschnur zur Erkenntnis aller Dinge gleichsam wie vom Himmel fiel, auf die alle Urteile der Dinge ausgerichtet werden, niemals von der Rede irgendeines Mannes umstimmen lassen, indem wir von seiner Meinung überwältigt werden.