PLINIUS' BRIEFE

Epistula VIII, XX

Plinius an Gallus,
Gewöhnlich reisen wir über das Meer, um etwas kennenzulernen, das wir, wenn es vor unseren Augen liegt, nicht wahrnehmen, sei es weil es von Natur aus so beschaffen ist, dass wir, weil wir am Naheliegenden nicht interessiert sind, dem Weiterliegenden hinterherlaufen, sei es weil die Begiertde nach allen Dingen ermattet, wenn es eine leicht Gelegenheit gibt, sei es weil wir es aufschieben, weil wir es jjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjj oft sehen werden, was es zum Sehen gegeben ist, wie oft du es sehen willst. Aus welchem Grunde auch immer: Vieles in unserer Stadt und in ihrem Einzugsgebiet kennen wir nicht nur nicht vom Anschauen, sondern nicht einmal vom Hörensagen; wenn Achaia, Ägypten, Asien oder was für ein Land auch immer reich an Wundern und Förderer auf der Erde wäre, hätten wir es gehört, gelesen und besucht. Gewiss habe ich neulich selbst das, was ich davor weder gehört noch gesehen hatte, gleichzeitig gehört und gesehen. Der Großvater meiner Frau hatte verlangt, dass ich sein Gut bei A jjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjj besuche. Als ich durch das Gut wanderte, wird mir ein unten liegender See mit dem Namen Vadinus gezeigt. Gleichzeitig erzählt man mir einige unglaubliche Dinge. Ich bin hin(unter)gegangen. Der See ist vom Aussehen her einem liegenden Rad ähnlich und überall gleichmäßig; keine Bucht, keine Ecke, alles gleich vermessen und wie von der Hand eines Künstlers ausgehöhlt und ausgestanzt. Die Farbe ist weißer als das blaue Meer, grüner und drückender; der Geruch von Schwefel und Arzneigeschmack. eine Kraft, durch die sich Knochenbrüche heilen. Ein maßvoller Raum, der dennoch Wind zu spüren bekommt und durch Fluten anschwillt. Kein Schiff darin (denn er ist heilig), aber Inseln schwimmen darin, alle grün an Schilf und Rohr und was auch sonst ein fruchtbarerer Sumpf und jene Begrenzung des Sees selbst hervorbringen. Jede Insel hat eine eigene Form und Größe. Alle haben einen kahlen Rand, weil sie sich häufig am Ufer reiben oder aneinander gerieben werden. Alle haben die gleiche Höhe, die gleiche geringe Schwere; denn nach Art eines Kiels steigen sie mit der Bodenfläche kaum ins Wasser. Dies kann man von jeder Seite beobachten, das Wasser in gleicher Weise schwebend und im Wasser; manchmal sind sie verbunden und zusammen verbunden und zusammenhängendem Land gleich, manchmal werden sie von wechselnen Winden auseinandergetrieben, manchmal schwimmen sie einzeln zurückgelassen in Ruhe. Oft hängen kleine an größeren wie Beiboote an Lastschiffen, oft geraten die größeren und kleineren sich untereinander in den Kurs und im Streit liefern sie sich einen Wettlauf. Werden alle wieder an einem Ort angetrieben, bewegen sie die Erde, wo sie stehen bleiben und geben bald diese an den See, dann diese zurück und nehmen sie weg und erst dann, wenn sie auf die Mitte zuhalten, schwanken sie ihn nicht ein. Es ist bekannt, dass Vieh, das Gras folgt, gewöhnlich auf jenen Inseln wie an das äußerste Ufer vorrücken und nicht eher einsehen, dass sie sich auf beweglichem Grund befinden, als sie nachdem sie von der Küste abgetrieben wie verladen und verschifft vor dem See Angst bekommen, der sie umgibt. Wenn sie bald dort, wo der Wind sie trug, da sind, wissen sie nicht mehr, dass sie heruntergestiegen sind, wie sie es nicht gemerkt haben, dass sie daraufgestiegen waren. Derselbe See ergießt sich in einen Fluss, der, sobald er sich ein Weilchen den Augen darbot, in einer Grotte verschwindet und tief verborgen weiterfließt und, wenn er irgendetwas aufgenommen hat, bevor er verschwand, bewahrt und es zum Vorschein bringt. Ich habe dir das geschrieben, weil ich geglaubt habe, es sei dir nicht weniger unbekannt als mir und nicht weniger hold. Denn die wie auch mich erfreut nichts in gleicher Weise wie die Werke von Mutter Natur. Leb wohl!

17.7.2013