DAS JULISCH-CLAUDISCHE GESCHLECHT NACH AUGUSTUS
Mit dem Tod des Augustus fiel ein schweres Los und eine verantwortungsvolle Aufgabe auf seine Nachfolger. Das römische Reich war zu dieser Zeit so groß wie noch nie. Die Bevölkerung hatte zum ersten Mal nach langen Jahren des Bürgerkrieges Frieden erfahren, und es lag an den folgenden Staatsführern, diesen zu bewahren. Doch keiner der Nachfolger im julisch-claudischen Geschlecht fand jemals soviel Sympathie und Verehrung wie Augustus.
Tiberius
(13-37) war Augustus' offizieller Nachfolger und ein Sohn seiner Gattin Livia
aus einer früheren Ehe. Sein ursprünglicher Kandidat für die
Nachfolge, sein Sohn Drusus, war in Germanien ums Leben gekommen und schied
dadurch aus. So musste Augustus Tiberius einsetzen. Dieser galt als äußerst
unpopulär. Die Innenpolitik vernachlässigte er fast gänzlich.
Stattdessen kümmerte er sich um die Sicherung der Reichsgrenzen und sorgte
so zumindest für anhaltenden Frieden. Ihm gelang es unter anderem auch,
die Parther von den Ostgrenzen des Reiches fernzuhalten. Er galt als außerordentlich
sparsam, was die Tatsache erklären dürfte, dass unter seiner Herrschaft
fast keinerlei Bauwerke errichtet wurden. Bald setzt er sich allerdings nach
Capri ab und wird nach seinem Tod 37 n. Chr. von den Schriftstellern verrissen.
Seine Unpopularität ertrug der Kaiser stets mit Gelassenheit: "Oderint,
cum probent" war sein Motto.
Als
Caligula (37-41) das Amt des Prinzeps übernahm, war man in Rom zunächst
über den neuen Herrscher glücklich. Doch die Freude hält nicht
ewig. Nach einer schweren Krankheit tritt er völlig verwandelt in der Öffentlichkeit
auf. Man sagt ihm auch den berüchtigten Cäsarenwahn nach. Er unternahm
teilweise völlig sinnlose militärische Expeditionen, von denen niemand
so recht wusste, was sie überhaupt für einen Zweck hatten. Im Gegensatz
zu Tiberius warf er mit dem Geld geradezu um sich. Seine Prunksucht riss schnell
in den Staatshaushalt ein riesigen Schulenloch, das Caligula mit völlig
willkürlichen Steuererhöhungen auszugleichen versuchte. Seiner kurzen
Herrscherzeit setzte einer seiner Leibwächter 41 n. Chr. ein Ende.
Claudius
(41-54) war einer der letzten Kandidaten, die aus der julisch-claudischen Dynastie
überhaupt noch übrig waren. Er wurde von den Prätorianern eingesetzt
und machte sich vor allem durch einen Charakterzug in der Geschichte berühmt:
sein Stottern. Er war es, der mit Kieselsteinen im Mund gegen die Brandung rief,
um seinen Sprachfehler los zu werden. Doch seine Bemühungen nützten
nichts. Das Volk akzeptierte seinen Kaiser nicht und verstieß ihn. Allein
gelassen widmet er sich philosophischen Studien. Er galt dennoch als sehr gebildet
und auch militärisch zählt er bestimmt nicht zu den Nullnummern. Unter
seinem Befehl erweiterte er die Staatsgrenzen. Allerdings galt er auch als leicht
beeinflussbar. Seine relativ lange Amtszeit ist vor allem dadurch zu begründen,
dass viele seiner Vertrauten Maßnahmen ergriffen, um das Ansehen des Kaisers
beim Volk zu steigern. Natürlich geschah das nicht ohne Eigennutz. Solange
der leicht zu steuernde Claudius an der Macht war, konnte sich auch seine Sippschaft
im Staat ordentlich mitmischen. Seine Beeinflussbarkeit ließ ihn auch
dazu hinreißen, eine gewisse Agrippina zu heiraten, die verlangte, ihren
Sohn Nero gleich mit zu adoptieren und so als potentiellen Nachfolger einzusetzen.
Die Leute um Claudius sahen ihre Machtpläne durch die neue Frau an seiner
Seite durchkreuzt und verlangten eine Aussprache mit dem Kaiser. Agrippina witterte
den Plan aber rechtzeitig und ließ Claudius durch ihren Leibarzt umbringen.
Nero
(54-68) wird somit der offizielle Nachfolger von Claudius. In den ersten Jahren
gilt Nero als recht beliebt. Größtenteils deswegen, weil er Burrus
und Seneca als Berater und Erzieher hatte. Unter seiner Herrschschaft gelangen
die Freigelassenen zu noch nie gekanntem Reichtum und Rechten. Auch Neros musikalisches
Talent beschert ihm zu Beginn Sympathien. Doch bleibt es nicht dabei. Nero sieht
sich tatsächlich eher als Musiker denn als Kaiser berufen und vernachlässigt
die politischen Geschehnisse immer mehr. Bald kommt es zum Bruch mit seinen
Beratern so wie mit seiner Mutter Agrippina, die Angst hat, die Kontrolle über
ihren Sohn zu kontrollieren. Verzweifelt versucht sie, seinen Bruder als neuen
Kaiser einzusetzen. Nero bekommt Wind davon und lässt erst den Bruder und
später die eigene Mutter hinrichten. Der mysteriöse Brand Roms erlangt
unter seiner Herrschaft traurige Berühmtheit (und schlägt sich ja
sogar heute noch in Computer-Programmen rum. Nicht umsonst heißt eine
Brennsoftware "Nero burning rom". Schon mal drüber nachgedacht?).
Ob er jetzt den Brand tatsächlich gelegt hat, ist genau so umstritten wie
die Geschichte, er habe, als die ganze Stadt in Flammen stand, dazu gesungen.
Fakt hingegen ist, dass Nero als Schuldige für das herabgebrannte Rom die
Christen verantwortlich macht. Unter seinem Befehl werden zahllose Christen
hingerichtet. Er vollzieht damit die erste Christenverfolgungswelle, die uns
heute bekannt ist. Nero ist Anstifter der pisonischen Verschwörung und
lässt zahlreiche Leute, darunter auch Seneca und Petron umbringen. Im Jahre
66, als Nero schließlich als Künstler auf Tournée nach Griechenland
aufbricht, überlässt er die Staatsangelegenheiten seinen Untergebenen.
In seiner Abwesenheit kommt es zu einer Verschwörung seiner engsten Vertrauten.
Vor allem verschiedene Statthalter hatten sich gegen den frisch zurückgekehrten
Künstler ausgesprochen. Nach einer Reihe von Aufständen wird Nero
vom Senat geächtet und in den Selbstmord getrieben, nachdem man ihm Falschmeldungen
über die weiteren politischen Geschehnisse zukommen lässt. Nero hinterließ
keinerlei Nachkommen, so dass die Frage nach einem Nachfolger laut wurde. Aber
mit ihm endet offiziell das julisch-claudische Geschlecht.