DER ULTIMATIVE STILMITTELCRASHKURS

-Edition d'Einstein-

Ihr habt es so gewollt! Die neue Version von MGL bringt nicht nur noch ein gewaltiges Plus in Design und Komfort. Sondern auch noch einen gehörigen Wissensschub. Deswegen gibt’s hier an dieser Stelle endlich das von vielen geforderte dicke Ende unseres Stilmittelkurses: die Einstein-Edition

Allegorie

Die Allegorie sind eigentlich mehrere aneinandergereihte Metaphern, die dadurch ein Bild schaffen. Zum Beispiel, wenn Cicero vom Staat als Schiff redet und die Politiker als Schiffslenker bezeichnet, hat man eine kleine, waschechte Allegorie. Natürlich kann man dieses Bild dann durch weitere Metaphern, die zu diesem Bild (hier alles zum Thema „Schifffahren“) passen, erweitern.

Anadiplose

 „Deiphobum vidit lacerum crudeliter ora, ora manusque ambas“

Übersetzt bedeutet dieser wunderbare Ausdruck „Verdopplung“. Und genau das tut auch das Stilmittel. Ein Wort, das am Ende eines Satzes steht, wird bei Beginn des nächsten Satzes nochmal benutzt.

Aposiopese

„Quos ego – sed motos praestat componere fluctus“

Schon alleine der Name dieses Stilmittels hat einen Award verdient. Übersetzt bedeutet Aposiopese so viel wie Verschweigen. Was hier verschwiegen wird, sieht man schnell am Beispielsatz: der Rest des Satzes. Er wird einfach abgebrochen. Er ist übrigens aus der Aeneis entnommen und wohl die berühmteste Aposiopese der römischen Literatur

Apostrophe

„Exoriare, aliquis ultor, nostris ex ossibus!“

Man merkt schon, die Stilmittel klingen hier in der Einstein-Edition überwiegend Griechisch. Da macht auch dieses Schmuckstück keine Ausnahme. Dank meiner unglaublich unfassenden Griechischkenntnisse (Achtung Ironie!) kann ich noch „strof»“ als „Wendung“ übersetzen. „¢pÒ“ heißt neben vielem anderen auch noch „von-ab“. Wir haben es also bei der Apostrophe mit einer Abwendung zu tun. Mit einer Abwendung vom eigentlichen Zuhörer zu einer anderen Person, die in der Regel gar nicht anwesend ist.

Epipher

„De exilio reducti a mortuo, civitas data a mortuo, sublata vectigalia a mortuo.“

Dass sich die Epipher hier hin verirrt hat, liegt nicht daran, dass sie so schwer zu erkennen ist. Sie gehört nur aus irgendeinem Grund eher zu den seltener gefragten Stilmitteln. Dabei ist sie nicht anderes als die logische Umkehrung zur Anapher. Nur während bei der ein Wort stets am Anfang von Satzgliedern wiederholt wurde, spielt sich bei der Epipher dasselbe nur am Ende des Satzgliedes ab. So einfach ist das.

Enallage

„...genus unde Latinum Albanique patres atque altae moenia Romae

(„die Mauern des hohen Roms“ anstatt „den hohen Mauern Roms“)

Um es gleich zu Beginn zu eliminieren: dieses Wort, so französisch es auch aussieht, ist griechisch! Wir haben es in der 11ten damals auch zum ersten Mal gesehen und ausnahmslos jeder hat es französisch ausgesprochen (so ist das nun mal in einer neusprachlichen Klasse...). Also: es ist griechisch und die Betonung ist hinten. Auf dem letzten „e“. Die Enallage beschreibt ein interessantes Phänomen: ein Adjektiv wird hier auf ein anderes Substantiv bezogen als eigentlich angenommen. Was in Deutschaufsätzen einfach ein Bezugsfehler ist, ist hier künstlerisch außerordentlich wertvoll. Vergil macht’s ja auch. Gleich im Prooemium der Aeneis!

Paronomasie

Wollen wir es wieder mal mit Griechisch versuchen? Ônoma ist der Name. Das Para-Präfix bezeichnet in der Regel immer irgendetwas, was nahe oder ähnlich ist. Hier haben wir es mit einem Stilmittel zu tun, bei dem man mit Worten spielt, die ähnlich (nah!) aussehen...