CICEROS "DE NATURA DEORUM"

Kleanthes' Thesen zur Existenz der Götter (2, 13-15)

(13) Deshalb steht unter allen Menschenarten eine Hauptsache fest; denn allen ist im Geist die Existenz von Göttern eingebeoren und gleichsam eingeprägt. Über ihre Beschaffenheit gibt es unterschiedliche Meinungen, auf alle Fälle wird aber deren Existenz bejaht. Freilich sprach unser Kleanthes von vier Gründen, warum in die Geister der Menschen die Vorstellungen von der Götterexistenz eingeprägt sind. Als ersten nannte er den, von dem ich eben geredet habe, der aus der Vorahnung zukünftiger Dinge entstanden war; der zweite ist der, den wir aus der Größe der Vorteile gezogen haben, den man im gemäßigten Klima, der Fruchtbarkeit der Erde und der Fülle an mehreren anderen Annehmlichkeiten erkennt;

(14) Der dritte ist der, der die Herzen erschreckt durch Blitze, Unwetter, Regenschauer, Schneestürme, Hagelschauer, Verwüstung, Erdbeben und oft auch durch unterirdisches Dröhnen, Steinregen und blutartige Tropfen, dann durch Erdrutsche oder plötzliche Erdspalten, dann auch durch widernatürliche Missgeburten bei Mensch und Tier, dann durch Fackelerscheinungen am Himmel, dann durch jene Sterne, die die Griechen komhtai nennen, wir aber Haarsterne, die neulich im Oktavianischen Krieg die Vorboten von großen Missgeschicken waren, dann durch eine Doppelsonne, die, wie ich es von Vater gehört habe, sich unter dem Konsulat von Tuditanus und Aquilius gerade in dem Jahr ereignet hatte, in dem P. Afrikanus, die andere Sonne, ausgelöscht wurde, durch die die Menschen erschraken und vermuteten, dass es eine himmliche und göttliche Macht gibt;

(15) Der vierte und wichtigste Grund sei die gleichmäßige Bewegung, die Kreisbahn des Himmels, der Sonne, des Mondes und die gesonderte Bahn , der Nutzen, die Schönheit und die Ordnung aller Gestirne, deren bloßer Anblick zu Genüge anzeigte, dass dies nicht zufällig sei: wenn jemand in irgendein Haus, ein Gymnasium oder aufs Forum käme und er die planmäßige Einrichtung, den geregelten Betrieb und Ordnung aller Dinge sähe, könne er nicht glauben, dass dies ohne Ursache geschehe, sondern müsse einsehen, dass es jemanden gibt, der leitet und dem man gehorcht. Umso mehr müsse er in so großen Bewegungen und Wiederkehr, in geregelten Abläufen so großer und vieler Dinge, in denen sich das unermessliche und unbegrenzte Alter niemals geirrt hat, feststellen, dass so große Bewegungen in der Natur von irgendeinem Geist gelenkt werden.