OVIDS METAMORPHOSEN

Die lykischen Bauern

Und schon bekam die Göttin im Gebiet von dem die Chimera hervorbringenden Lykien, als die Sonne die Felder verbrannte, Durst, von schwerer Last ermüdet und von der Hitze des Gestirns und von der Sonnenhitze ausgetrocknet und die Kinder hatten gierig die milchgebenden Mutterbrüste ausgesaugt. Zufällig hat sie tief unten im Tal einen See mit mäßig tiefem Wasser entdeckt; Bauern lasen dort buschige Weidenruten und Schilf, das gerne am Sumpf wächst. Sie schritt heran und ließ sich mit gebeugtem Knie auf die Erde nieder, um das kühle Naß zu schöpfen und zu trinken. Die bäuerliche Menge verbietet es ihr. Die Göttin sprach die Verbietenden so an: "Was haltet ihr mich vom Wasser fern ? Der Gebrauch des Wassers ist allen gemeinsam. Die Natur macht weder die Sonne, noch die Luft, noch das klare Wasser zu Eigentum gemacht. Dennoch flehe ich euch demütig an, dass ihr mir dies gebt. Ich hatte nicht vor hier unsere müden Glieder zu waschen, sondern unseren Durst zu löschen." Der Mund hat nicht die Feuchtigkeit einer Sprechenden und die Kehle ist trocken, kaum gibt es einen Weg der Stimme in jener. "Ein Schluck Wasser wäre mir wie Nektar und ich werde bekennen sogleich das Leben empfangen zu haben. Ihr werdet mit mit dem Wasser das Leben schenken. Auch diese mögen euch bewegen, die ihre kleinen Arme von meiner Brust wegstrecken."
Und zufällig streckten die Geborenen ihre Arme aus. Wen hätten die schmeichelnden Worte der Göttin nicht bewegen können? Dennoch fahren diese fort die Bittenden abzuhalten und obendrein fügen sie noch Beschimpfungen und Drohungen bei, wenn sie nicht weit wegginge. Das ist nicht genug: Sogar den Teich selbst wühlen sie mit Händen und Füßen auf und von unten her bewegten sie mit bösartigen Sprüngen den weichen Schlamm hierhin und dorthin. Der Zorn ließ den Durst vergessen. Denn weder fleht die Tochter des Coeus unwürdige Bauern an, noch bringt sie es fertig einer Göttin unwürdige Worte zu sprechen und die flachen Handflächenzu den Gestirnen streckend sagte sie: "Möget ihr auf ewig in diesem Teich leben!" Der Wunsch der Göttin geht in Erfüllung; es macht ihnen Spaß im Wasser zu sein und die Glieder bald ganz in dem seichten Wasser des sumpfigen Sees verschwinden zu lassen, nun, da das Haupt nur noch zum Vorschein kommt, bald auf der Wasseroberfläche zu schwimmen, oft oberhalb des Sees am Ufer zu stehen und oft in den kalten See zurückzuspringen. Aber jetzt, nachdem das Schamgefühl abgelegt worden ist führen sie auch hässliche Streitreden und versuchen nach Ablegung der Scheu, obgleich sie unter Wasser sein mögen zu schimpfen. Die Stimme ist auch schon rauh und die aufgeblasenen Hälse schwellen an und die Schmähungen selbst verbreitern das offene Maul. Die Rücken berühren das Haupt, der Hals scheint weggenommen, das Rückrad ist grün, der Bauch, der größte Teil des Körpers, ist weiß und die neu entstandenen Frösche hüpfen ins Wasser.