PETRONS SATYRICON

Begegnung mit Quartilla und ihre Orgie (16-26)

16. Aber sobald wir uns mit der Mahlzeit, die durch die Wohltat Gitons bereitet worden war, vollgestopft hatten, als man plötzlich äußerst laut gegen die Tür schlug…
Als wir also selbst bleich fragten, wer da sei, sagte man: "Mach auf, du wirst es schon sehen." Und während wir sprechen, fiel der Türriegel, nachdem er sich von alleine gelöst hatte, herunter und plötzlich ließen die geöffneten Türen sie eintreten. Es war aber die Frau mit bedecktem Kopf [freilich war es jene, die kurz vorher beim Bauern gestanden hatte] und sprach: "Habt Ihr geglaubt, dass Ihr mich verspotten könnt? Ich bin die Sklavin der Quartilla, deren heilige Handlung ihr vor der Krypta gestört habt. Siehe, sie selbst kommt in eure Herberge und erwünscht die Erlaubnis, mit euch zu sprechen. Habt keine Angst. Sie klagt weder euer Fehlverhalten an noch bestraft sie euch, im Gegenteil: sie wundert sich eher, welcher Gott so gebildete Jünglinge in ihre Gegend gebracht hat."

17. Während wir immer noch schweigen und keinem Teil Zustimmung gaben, trat sie selbst, begleitet von einem Mädchen, und setzte sich auf mein Bett. Dann weinte sie lange. (Und) wir gaben nicht einmal da ein Wort von uns, sondern warteten gelähmt die Tränen ab, die zu dem Zweck da waren, Schmerz zu zeigen. Sobald also der so bemühte Tränenschwall abschwoll, entblößte sie ihr stolzes Haupt vom Mantel, und nachdem sie ihre Hände gerungen hatte bis die Gelenke krachten, sprach sie: "Was ist das denn für eine Frechheit oder wo habt ihr die Räubereien gelernt, die sogar Theaterstücke übertreffen werden? So wahr mir Gott helfe, ich erbarme mich euer; denn niemand hat das ungestraft gesehen, was nicht erlaubt war. Jedenfalls ist unsere Gegend von gegenwärtigen göttlichen Wesen so voll, dass du leichter einen Gott als einen Menschen finden kannst. Und glaubt nicht, dass ich hierhin gekommen bin, um mich zu rächen, ich werde eher durch euer Alter bewegt als durch die Beleidigung, die mir zuteil wurde. Denn ihr habt, wie ich immer noch glaube, unüberlegt ein unentschuldbares Verbrechen begangen. Weil ich selbst in jener Nacht heimgesucht wurde, erstarrte ich vor so gefährlicher Kälte, dass ich auch einen Anfall durch das Wechselfieber fürchte. Und daher bat ich um ein Heilmittel im Traum und wurde beauftragt, euch ausfindig zu machen und den Ansturm der Krankheit zu mildern, nachdem man mir eine feine Therapie gezeigt hat. Aber ich arbeite nicht so sehr an einem Heilmittel; ein größerer Schmerz wütet nämlich im Herzen, der mich an den Rande des Todes geführt hat. Nämlich dass ihr, von jugendlichem Leichtsinn getrieben, das, was in der Kapelle des Priapos gesehen habt, verbreitet und die Pläne der Götter an die Öffentlichkeit bringt. Daher strecke ich die nach oben gekehrten Hände zu euren Knien hin und bitte inständig, dass ihr die nächtlichen Religionshandlungen nicht zum Spaß oder Gespött macht und Geheimnisse, die so viele Jahre gehütet wurden, verraten wollte, die kaum drei Menschen kennen."

18. Nach dieser flehenden Bitte vergoss sie wieder Tränen und drückte ganz von großen Seufzern erschüttert ihr Gesicht und die Brust auf mein Bett. Zur selben Zeit wurde ich sowohl von Barmherzigkeit als auch von Furcht ergriffen und befahl ihr, guten Mut zu haben und dass sie von beiden nichts zu befürchten habe: denn keiner werde die heiligen Handlungen verbreiten und wir würden, wenn der Gott jener außerdem noch ein anderes Heilmittel gegen ihr dreitägiges Wechselfieber gezeigt habe, der göttlichen Klugheit gar mit Gefahr für uns helfen. Nach diesem Versprechen wurde die Frau heiterer, küsste mich recht feucht und strich mit ruhiger Hand, nachdem sie vom Weinen zum Lächeln gebracht worden war, durch meine Haare, die vom Ohr herabhingen, sprach dabei: "ich schließe mit euch einen Waffenstillstand und lasse ab von meinem beschlossenen Streitprozess. Wenn ihr aber nicht bei dem Heilmittel, das ich erstrebe, zugestimmt hättet, hätte sich schon am morgigen Tag eine Menge vorbereitet, die sowohl mein Unrecht als auch meine Würde gerächt hätte:

Es ist schändlich, verachtet zu werden, Stolz, Gesetze zu schenken:
Das liebe ich, dass ich auf dem Weg gehen kann, auf dem es beliebt.
Denn der, der vernünftig und verständig ist, knüpft Streit, wenn man ihn verachtet,
und wer nicht umbringt, geht gewöhnlich als Sieger hervor.

Nachdem sie darauf in die Hände geklatscht hatte, brach sie plötzlich in so großes Lachen aus, dass wir es mit der Angst zu tun bekamen. Dasselbe tat von der anderen Seite die Magd, die vorher gekommen war, dasselbe das Mädchen, das zusammen mit ihr eingetreten war.

19. Alles tönte von dem schauspielerischen Gelächter, weil wir unterdessen wussten, wie eine so plötzliche Änderung ihrer Gesinnung gesehen war, und betrachteten bald uns selber, bald die Frauen.

*

Deshalb verbat ich heute, dass irgendjemand der Sterblichen in diese Herberge zugelassen wird, damit ich von euch ein Heilmittel gegen das dreitätige Wechselfieber bekomme, ohne gestört zu werden." Sobald Quartilla das gesagt hatte, stutzte Ascyltos freilich ein Weilchen, ich aber wurde kälter als ein Winter in Gallien und konnte kein Wort herausbringen. Aber dass wir nichts Traurigeres erwarteten, bewirkte die Versammlung der Besucher: denn es waren nur 3 Weiblein, und wenn sie etwas versuchen wollten, waren sie freilich die schwächsten. Wir dagegen waren, wenn nichts anderes, vom männlichen Geschlecht. Aber wir waren gewiss auch bestens zum Kampf gegürtet. Ja, ich hatte sogar so schon die Paare zusammengestellt, so dass ich, wenn hätte gekämpft werden müssen, es selber mit Quartilla, Ascyltos mit der Magd und Giton mit dem Mädchen aufgenommen hätte.

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Da aber entwich uns Entsetzten die ganze Beständigkeit und ein nicht zweifelhafter Tod begann vor den Augen der Elenden vorbeizuziehen.

20. "Ich bitte dich, Herrin", sprach ich, wenn du etwas Schlimmeres vorbereitest, bring es recht schnell zu Ende; denn wir haben keine so große Untat begangen, dass wir gefoltert sterben müssten."

*

Die Magd, die man Psyche nannte, breitete auf dem Fußboden sorgfältig eine kleine Decke aus.

*

sie erregte meinen Unterleib, der schon von 1000 Toden kalt war…

*

Ascyltos hatte sein Haupt mit dem Mantel bedeckt, weil er sich freilich daran erinnerte, dass es gefährlich war, sich in fremde Geheimnisse einzumischen.

*

Die Magd holte zwei Volante aus dem Bausch hervor und band mit dem einen unsere Füße, mit dem anderen unsere Hände fest.

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Weil ihm der Zusammenhang der Geschehnisse fehlte, sprach Ascyltos schon: "Wie jetzt? Bin ich es nicht würdig zu trinken?" Die Magd, die durch mein Gelächter verraten worden war, klatschte in die Hände und antwortete: "Freilich hab ich dir einen hingestellt... * Junger Mann, hast du alleine eine so große Menge Medizin ausgetrunken?" "Ist das
so?" fragte Quartilla. "Enkolpius hat alles ausgetrunken, was an Satyrion da war?"

*

von einem nicht unschicklichen Lachen bewegte sich die Brust…

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und nicht einmal Giton hielt sein Lachen zurück, besonders als das Mädchen seinen Hals ergriffen und dem Jungen, der sich nicht wehrte, unzählige Küsse gegeben hatte.

21. Wir Armen wollten um Hilfe rufen, aber es gab keinen, der hätte helfen können. Hier stach mir, als ich nach dem Schutz der Quiriten rufen wollte, Psyche mit einer Haarnadel in die Backen, dort setzte das Mädchen mit einem Pinsel, den sie selbst mit Satyrion getränkt hatte, dem Ascyltos zu.

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Am Ende kam eine aufgetakelte Tunte mit einem Myrtenrock bekleidet und mit einem Gürtel hochgeschnürt… bald fiel er über uns her, nachdem er uns die Hinterteile gefoltert hatte, bald beschmutzte er uns mit stinkenden Küssen, solange bis Quartilla, die eine Rute aus Walfisch hielt und hoch geschürzt befahl, uns Unglücklichen Gnade zu gewähren.

*

Jeder von uns schwörte mit heiligsten Worten, dass wir beide ein so schreckliches Geheimnis mit ins Grab nehmen würden…

*

Mehrere Ringer traten ein und ließen uns wieder, indem sie uns mit richtigem Öl übergossen hatten, wieder zu Kräften kommen. Als die Müdigkeit also so gut es ging verschwunden war, zogen wir unsere Festmahlgewänder wieder an und wurden in den nächsten Keller geführt, in dem drei Betten ausgebreitet und übrige Luxusausstattung äußerst glänzend ausgestellt worden war. Nachdem man uns es befohlen hatte, legten wir uns also zu Tisch. Man begann mit einem wunderbaren Vorgericht und überschwemmte uns anschließend mit Falernerwein. Als wir von mehreren Gängen erschöpft wieder schläfrig wurden, sprach Quartilla: "So ist das? Ihr habt vor, auch dann zu schlafen, obwohl ihr wisst, dass dem Schutzgeist des Priapos eine Nachtfeier geschuldet wird?"

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22. Als Ascyltos von so vielen Übeln ermattet wegdämmerte, rieb jene Sklavin, die zu Unrecht weggestoßen worden war, sein gesamtes Gesicht mit viel Ruß ein und bemalte Seiten und Schultern von ihm, da er es nicht merkte, mit Phalli. Schon hatte auch ich von so vielen Übeln ermattet einen sehr kleinen Vorgeschmack vom Sandmännchen gekostet; dasselbe hatte auch die gesamte Hausgemeinschaft drinnen und draußen gemacht, und die einen lagen um die Füße derer, die zu Tisch lagen, alle Viere von sich ausgestreckt, die anderen an die Wand gelehnt, einige schliefen Kopf an Kopf auf der Türschwelle selber; die Öllampen, denen das Öl ausging, verbreiteten ein zartes, dahinsterbendes Licht: als plötzlich zwei Syrer das Speisezimmer betraten, um zu plündern, und während sie zwischen dem Silbergeschirr habgierig streiten, brachen sie die Flasche, an der sie an beiden Seiten gezogen hatten, auseinander. Auch fiel ein Tisch mit Silbergeschirr um und einer Sklavin, die auf einem gepolstertem Bett schlief fiel ein Becher, der zufällig aus ziemlicher Höhe erschüttert worden war, auf den Kopf. Auf diesen Schlag hin schrie sie auf, lieferte in gleicher Weise die Diebe aus und weckte einen Teil der Betrunkenen auf. Jene, die gekommen waren, um zu plündern, legten sich, nachdem sie eingesehen hatten, dass man sie ertappt hatte, in gleicher Weise neben einem Bett nieder und begannen, man hätte glauben können, es sei ausgemacht worden, zu schnarchen als ob sie schon lange schliefen.
Schon hatte der Haushofmeister, der sich auch erhoben hatte, den aussterbenden Lampen wieder Öl eingefüllt, und die Sklaven waren zu ihren dienstlichen Tätigkeiten zurückgekehrt, nachdem sie sich die Augen ein Weilchen gerieben hatten, als plötzlich eine Cymbalistin eintrat, ihre Instrumente erschallen ließ und so alle aufweckte.

23. Also wurde das Gelage wieder aufgenommen und Quartilla rief wieder zum Trinken auf. Die Cymbalistin unterstützte die Heiterkeit der Trinker.

*

Es tritt eine Tunte ein, der geschmackloseste Mensch von allen und jenem Haus völlig würdig. Dieser krachte mit den Knöcheln seiner ungedrehten Hände, seufzte auf und ließ ein derartiges Gedicht los:

" Hierher, hierher, schnell kommt jetzt zusammen, ihr warmen Brüder,
lauft schnell, legt einen Schritt zu, fliegt auf eurer Fußsohle herbei
mit leichtem Oberschenkel, beweglichem Hinterteil und frivoler Hand
ihr Zärtlichen, Alten und die, die durch die Hand des Delias kastriert sind."

Nachdem er seiner Verse verschleudert hatte, besabberte er mich mit einem äußerst feuchten Kuss. Bald kam er auch auf das Bett und deckte mich auf, obwohl ich mich mit aller Gewalt weigerte. Über meinem Geschlechtsteil fummelte er lange und sehr vergeblich herum. Über die Stirn des Schwitzenden flossen Bäche von Akazienschminke, und zwischen den Runzeln der Wangen war soviel Kreide, dass man hätte glauben können, eine gekalkte Wand leide an starkem Regen.

24. Länger hielt ich die Tränen nicht mehr zurück, sondern sprach zu äußerster Verzweiflung getrieben: "Bitte, Herrin, du hattest versprochen, dass man mir sicher ein Betthupferl geben würde." Jene klatschte recht zart in die Hände und antwortete: "du scharfsinniger Kerl und Quelle großstädtischen Witzes. Wie jetzt? Hattest du nicht gewusst, dass die Tunte da Betthupferl heißt?" Damit es dann meinem Kameraden besser ergehe, sprach ich: "Meiner Treu, hat Ascyltos in diesem Speisezimmer als einziger frei?" "So soll", sprach Quartilla, "dem Ascyltos auch ein Betthupferl gegeben werden." Auf diese Worte hin wechselte die Tunte sein Pferd und nachdem er zu meinem Kameraden gekommen war, machte er ihm mit seinem Hinterteil und Küssen zu schaffen. Zwischen all dem stand Giton und lachte sich tot. Quartilla erblickte ihn und fragte nach äußerst sorgfältiger Nachforschung, wessen Büblein er sei. Dann sprach sie: "Weshalb hat er mich also nicht geküsst?" Und sie zog den Herbeigerufenen zu einem Kuss an sich. Bald schob sie auch ihre Hand in den Bausch seiner Toge und meinte, nachdem sie sein Zipfelchen gründlich bearbeitet hatte: "Er wird mir morgen bei dem schönen Vorgericht für meine Lust dienen; denn heute nehme ich nach einem Esel keine Sardine."

25. Als sie das sagte, kam die lachende Psyche an ihr Ohr heran. Nachdem sie irgendetwas gesagt hatte, sprach Quartilla: "So, so gut, dass du mich daran erinnerst hast. Warum wird unsere Pannychis nicht entjungfert, wo die Gelegenheit doch so unglaublich günstig ist?" Sogleich holte man ein recht schönes Mädchen herein, das nicht älter als sieben zu sein schien und zuerst mit Quartilla in unsere Zelle gekommen war. Während also alle klatschten und eine Hochzeit forderten, verstummte ich und bekräftigte, dass weder Giton, ein äußerst schüchterner Junge, zu dieser Ausschweifung genüge, noch das Mädchen von diesem Alter sei, in dem man das Gesetz der weiblichen Erduldungen empfangen könne. "Blödsinn", sprach Quartilla, ist die nicht jünger als ich es war, als ich einen Mann zum ersten Mal rangelassen habe? Meine Juno möge ich erzürnt haben, wenn ich mich daran erinnern könnte, jemals Jungfrau gewesen zu sein. Denn auch als Kleinkin wurde ich von den Griechen verdorben und näherte mich gleich darauf, als die Jahre voranschritten, älteren Jungen, solange bis ich so alt geworden bin. Daher ist auch meiner Meinung nach jenes Sprichwort entstanden, dass besagt, dass der, der ein Kalb ausgehalten hat, auch einen Stier ertragen könne." Damit das Brüderchen also in Abgeschiedenheit kein größeres Unrecht erleiden könne, erhob ich mich zum Hochzeitsdienst.

26. Schon hatte Psyche das Haupt des Mädchen mit dem Brautschleier umwunden, schon trug das Betthupferl die Fackel voran, schon hatten die betrunkenen Frauen klatschend einen langen Zug gebildet und das Schlafzimmer mit unzüchtigem Wandgehänge geschmückt, als Quartilla, von der Ausgelassenheit der Scherzenden angestiftet, sich auch selbst erhob, Giton packte und ins Schlafzimmer zog. Zweifellos hatte sich der Junge nicht geweigert und nicht einmal das traurige Mädchen fürchtete sich vor dem Begriff "Hochzeit". Als sie deshalb eingeschlossen wurden waren und darnieder lagen, ließen wir uns vor der Schlafzimmertür nieder und besonders Quartilla hatte an einen frech gerissenen Spalt ihr neugieriges Auge gebracht und betrachtete das kindliche Spiel mit lüsterner Sorgfalt. Auch mich zog sie mit sanfter Hand zum selben Schauspiel hin, und weil die Mienen von uns, die aufmerksam zusahen, nahe aneinander hingen, bewegte dir ihre Lippen, wann immer auch Zeit war, sich vom Schauspiel abzuwenden, meinen entgegen und schlug mich dann sozusagen mit verstohlenen Küssen.

*

… auf unsere Betten geworfen verbrachten wir die übrige Nacht furchtlos. Schon war der dritte Tag gekommen, das bedeutet die Erwartung auf eine freie Mahlzeit, aber da uns so viele Verwundungen geschunden hatten, gefiel die Flucht mehr als die Ruhe. Als wir deshalb traurig darüber nachdachten, auf welche Art wir denn dem gegenwärtigen stürmischen Unruhen entkommen sollten, unterbrach uns Ängstliche ein Sklave Agamemnons und sagte: "Was ist mit euch? Wisst ihr nicht, bei wem das Essen heute stattfindet? Trimalchio, ein sehr anständiger Mensch… er hat eine Uhr im Speisezimmer und einen geschmückten Hornbläser, damit er gleich weiß, wie viel er vom Leben verloren hat." Also vergaßen wir all unsere Übel, kleideten uns sorgfältig und befahlen Giton, der äußerst gerne den Sklavendienst übernahm, uns ins Bad zu folgen…