PLINIUS' BRIEFE

Epistula I, XVIII

C. Plinius grüßt Suetonius Tranquillus

(1) Du schreibst, dass du, nachdem du durch einen Traum erschrocken worden bist, fürchtest, dass du in der Gerichtsverhandlung etwas Ungünstiges erleidest; du bittest, dass ich einen Aufschub erwirke, und dich nur für ein paar Tage, gewiss aber für den nächsten entschuldigst. Es ist schwer, aber ich werde es versuchen, denn auch der Traum ist göttlich (und da sagt einer, Altgriechisch käme nicht in lateinischen Texten vor...)

(2) Es ist nämlich ein Unterschied, ob du gewöhnlich Dinge träumst, die auch tatsächlich geschehen, oder ob du ihr Gegenteil träumst. Wenn ich meinen Traum überdenke, scheint mir das, wovor du dich fürchtest, einen hervorragenden Prozess vorauszusagen.

(3) Ich hatte den Prozess des Iunus Pastor aufgenommen, als mir plötzlich meine Schwiegermutter erschien, die mich auf Knien bat, nicht aufzutreten; und ich war immer noch als Jüngling im Begriff, aufzutreten, ich war im Zentumviralgericht, ich war gegen die Mächtigsten des Staates und auch Freunde des Kaisers; jeder einzelne dieser Vorfälle konnte mir den Verstand nach einem so traurigem Traum erschüttern.

(4) Dennoch bin ich aufgetreten, denn eines ist immer das Beste: dem Vaterland zu helfen. Denn mir scheint das Vaterland ein Versprechen und was ist teurer als das Vaterland? Der Prozess fiel zu meinen Gunsten aus und jene Gerichtsverhandlung öffnete mir so sehr die Ohren der Menschen und die Tür zum Ruhm.

(5) Erwäge deshalb, ob auch du unter diesem Beispiel jenen Traum zum Guten wenden kannst; oder wenn du jene Lehre eines jeden äußerst Vorsichtigen "Tu nicht, woran du zweifelst!" für sicherer hälst, schreibe selbst das zurück.

(6) Ich werde irgendeine List finden und deinen Prozess so führen, dass du ihn, wann immer du willst, übernehmen kannst. Deine Lage ist nämlich wirklich eine andere als meine damals. Denn eine Gerichtsverhandlung des Zentumviralgerichtes kann man auf keine Weise aufschieben, dies zwar nur mit Mühe, aber es geht dennoch. Leb wohl.
messy am 13. 7. 2001