PLINIUS' BRIEFE

Epistula III, XIV (3,14)

C. Plinius grüßt seinen Acilius


(1) Einen schrecklichen Umstand, der nicht nur einen Brief verdiente, hat Larcius Macedo, ein Mann prätorischen Ranges durch seine Sklaven erlitten; er war überhaupt ein hochmütiger und grausamer Herr, und einer, der sich zu wenig oder vielmehr zu sehr daran erinnerte, daß sein Vater ein Sklave gewesen war.

(2) Er badete gerade auf seinem Landgut bei Formiae. Plötzlich umringen ihn seine Sklaven. Der eine geht ihm an die Kehle, ein anderer schlug ihm ins Gesicht, ein dritter trat ihm heftig auf Brust und Bauch und, scheußlich zu sagen, sogar auf die Schamteile; und als sie glaubten, er sei tot, werfen sie ihn auf den heißen Fußboden, um zu prüfen, ob er noch am Leben sei. Jener machte unbeweglich und ausgestreckt den Eindruck eines erfolgten Todes, sei es weil er nichts fühlte oder er nur so tat als fühle er nicht. Da erst wirde er von der Hitze gelöst hinausgetragen.

(3) Die treueren Sklaven nehmen ihn auf, seine Konkubinen laufen mit Geheule und Geschrei zusammen. Nachdem er so von den Stimmen aufgeweckt und der Kühle des Ortes erfrischt worden war, öffnete er die Augen, bewegte seinen Körper und gibt so zu erkennen, dass er noch am Leben ist.

(4) Die Sklaven fliehen in alle Richtungen auseinander. Ein großer Teil von diesen wurde gefangen genommen, nach den anderen wurde gesucht. Er selbst verstarb, nachdem er für wenige Tage mit Mühe ins Leben zurückgerufen worden war, nicht ohne den Trost der Rache, da er noch zu Lebzeiten so gerächt worden war, wie es gewöhnlich nur bei Ermordeten der Fall ist.

(5) Du siehst, wie viele Gefahren, wie viele Beschimpfungen, wie vielen Verspottungen wird ausgesetzt sind. Und es gibt keinen Grund, dass irgendjemand sicher sein kann, weil er nachsichtig und sanftmütig ist: Denn Herren werden nicht durch ein (bloßes) Urteil, sondern durch Boshaftigkeit umgebracht.

(6) Aber davon nur bis hierher. Was gibt es außerdem noch an Neuigkeiten? Was? Nichts, ansonsten würde ich es anfügen: denn es ist sowohl noch Papier (zum Schreiben) übrig, als auch lässt es der Feiertag zu, dass mehr dazugefügt werden (kann). Ich werde hinzufügen, was mir günstigerweise über denselben Macedo einfällt. Als er in der Öffentlichkeit in Rom badete, ereigente sich eine bemerkenswerte und auch - wie es sein Ende gezeigt hat - unheilvolle Sache.

(7) Ein römischer Reiter, der von dessen Sklaven mit der Hand leicht dazu aufgefordert worden war, dass er ihm (=Macedo) Platz machen solle, drehte sich um und schlug nicht den Sklaven, von dem er berührt worden war, sondern Macedo selbst so heftig mit der Hand, dass er beinahe zu Boden fiel.

(8) So war für jenen das Bad sozusagen schrittweise (wö.: über einige Schritte) zuerst der Ort der Schmach, und dann seines Todes. Lebe wohl!


16. 7. 2013