PLINIUS' BRIEFE

Epistula VIII, XVI

Gaius Plinius grüßt seinen Paternus.
[1] Die Krankheiten der Meinen haben mich aufgerieben, besonders die Todesfälle der jungen Männer. Zwei Trostmittel sind keineswegs dem so großen Schmerz angemessen, aber es sind dennoch Trostmittel: Eines ist die Bereitschaft, Sklaven freizulassen, denn ich scheine diese, die ich schon als Kinder freigelassen habe, nicht völlig zu früh verloren zu haben. Das andere ist, weil ich den Sklaven erlaube, auch gleichsam Testamente zu machen, und diese als ge-setzmäßige behüte.

[2] Sie vertrauen und bitten, was ihnen richtig erscheint; ich gehorche, wie es befohlen worden ist. Sie teilen, sie schenken, sie lassen übrig, selbstverständlich nur im Be-reich der Familie, denn die Familie ist den Sklaven ein gewisser Staat und wie eine Bürgschaft.

[3] Obwohl ich durch diesen Trost zur Ruhe kommen könnte, werde ich gelähmt und mutlos, durch dieselbe Menschlichkeit, die mich dazu angeführt hat, dass ich selbst es erlaubt habe.Dennoch möchte ich nicht härter werden. Ich weiß, dass andere derartige Fälle nichts weiter als Verlust nennen, und sich durch dies für große und weise Menschen halten. Ich weiß nicht, ob diese groß und weise sind, Menschen sind es nicht.

[4] Es ist menschlich, dennoch Schmerz zu empfinden, zu fühlen, dennoch Widerstand zu leisten und Trost zuzulassen, aber nicht, nicht Trost zu bedürfen.

[5] Aber vielleicht schrieb ich mehr über diese Dinge, als ich muss, aber we-niger, als ich wollte. Es gibt nämlich auch eine gewisse Lust am Schmerz empfinden, besonders, wenn du an der Brust eines Freundes weinst, bei dem für deine Tränen entweder Lob oder Nachsicht vorhanden ist. Leb‘ wohl!